Domenico Tedesco war zunächst ein Glücksgriff für Schalke 04: In seinem ersten Trainerjahr wurde er gleich Vizemeister. Doch dann kam alles ganz anders …
Er galt als die große Zukunft von FC Schalke 04, inzwischen ist er längst Vergangenheit: Domenico Tedesco musste vor einem Jahr seinen Posten als Cheftrainer in Gelsenkirchen räumen. Zuvor erlebten die Knappen ein Debakel in der Champions League: Sie verloren mit 0:7-Toren gegen Manchester City und schieden im Achtelfinale aus. Auch in der Bundesliga war Schalke 04 unter die Räder gekommen. Nach einer 0:4-Heimniederlage gegen Fortuna Düsseldorf war der Vizemeister plötzlich ein Abstiegskandidat.
Geschichte und Tradition begeistert
Tedesco hatte bis Oktober 2019 zwar immer noch einen Vertrag auf Schalke, doch dann unterschrieb er für viele überraschend einen Vertrag als Cheftrainer beim russischen Rekordmeister Spartak Moskau. „Das Gesamtpaket hat mir gefallen“, sagte der Deutsch-Italiener vor seinem Debüt in der Premjer Liga. Es sei ihm eine Ehre, bei einem Klub mit dieser Geschichte und diesen Traditionen (12 Mal sowjetischer Meister, 10 Mal russischer Meister) zu arbeiten. Auch der Rote Platz und die Wucht der russischen Hauptstadt hätten ihm gleich zugesagt. Im Herbst 2019 belegte Spartak mit nur 14 Punkten den 9. Tabellenplatz, Tabellenführer Zenit Sankt-Petersburg hatte schon zwölf Zähler Vorsprung.
Inzwischen holte Tedesco mit Spartak Moskau in bisher 12 Spielen einen Punkteschnitt von 1,67 Punkten. In der Tabelle steht Spartak aktuell auf Rang 8. Den größten Erfolg konnte der ehemalige Schalker Trainer bisher im russischen Pokal feiern. Nach einem 3:2-Sieg gegen den Stadtrivalen ZSKA steht er mit Spartak nun im Halbfinale. Kurioser als das Spiel war allerdings das Nachspiel auf der Pressekonferenz: Die Journalisten applaudierten, was Tedesco sichtlich unangenehm war: „Das war ein Sieg der Mannschaft. Sie hat den Applaus verdient.“
Kreativ und engagiert
{QUOTE} Seine Arbeit und sein engagiertes Auftreten gefallen den Russen: „Auf und neben dem Platz stimmt die Atmosphäre, die Kommunikation mit dem Trainerstab ist herausragend“, erzählt Tomas Zorn, der deutsche Sportdirektor von Spartak. Die aktuelle Spielpause nutze Tedescco sehr kreativ. So habe er alle Trainer des Vereins zusammengeholt, um diese für seine Prinzipien und seine Philosophie zu begeistern. „Wenn ein Cheftrainer so engagiert ist und sich die Zeit nimmt, wird das super angenommen“, sagt Zorn über Tedesco, der in Moskau vom ehemaligen deutschen Nationalspieler Andreas Hinkel als Co-Trainer unterstützt wird: „Mit Andreas habe ich schon in Stuttgart sehr gut zusammengearbeitet“, erzählte Tedesco vor seinem ersten Training in Moskau. Zusammen hatten sie die U17 beim VfB Stuttgart trainiert. An etwas müsse er sich allerdings auf seiner ersten Trainierstation im Ausland noch gewöhnen, so Tedesco, und zwar mit einem Dolmetscher zu arbeiten. Er habe sich zwar rasch an die „Schattenstimme“ in der Kabine gewöhnt, doch sein Ziel sei es, Russisch zu lernen. „Ich habe Lust darauf. Ich möchte schon ein paar Sätze sprechen können“, sagte der Trainer.
Tipps vom Weltmeister
Sicherlich hat er sich auch ein paar Tipps bei André Schürrle abgeholt. Der Weltmeister von 2014 steht seit Sommer 2019 in Diensten des Moskauer Erstligisten und hat dort zunächst seine zweite Blüte erlebt: Schon nach fünf Spielen hatte der ehemalige BVB-Profi sechs Scorerpunkte auf seinem Konto, doch dann verletzte er sich und wurde krank. Inzwischen hat Spartak den ehemaligen deutschen Nationalspieler aussortiert. Schürrle lebt aktuell bei seiner Familie in Deutschland und hat von hieraus einen Privat-Jet organisiert, um seinen Trainer Tedesco und drei weitere ausländische Trainerkollegen nach Deutschland zu holen. Ansonsten hätte dem ehemaligen Schalker Trainer aufgrund der globalen Krise eine längere Quarantäne in Moskau gedroht. Wie es mit Schürrle und Tedesco weitergeht, ist noch völlig offen: Die Leihe von Schürrle bei Spartak Moskau läuft im Juni aus und eine dauerhafte Rückkehr zum Borussia Dortmund schließt dessen Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke momentan aus. Domenico Tedesco hat dagegen bei Spartak noch einen Vertrag bis 2021. Aber vielleicht dauert seine Zukunft an der Moskwa ja viel länger als die an der Ruhr.
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