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Der beste Pitch der Bundesliga: Ein Greenkeeper erklärt die Gründe

13 Nov | BY Jochen Buettner | MIN READ TIME |
Der beste Pitch der Bundesliga: Ein Greenkeeper erklärt die Gründe

Beim „Pitch of the Year“ erhielten Wolfsburg und Dortmund die besten Noten. Warum das so ist, beschreibt ein Greenkeeper.

Sportlich derzeit im oberen Tabellendrittel und das mit einem ausgezeichneten Rasen: Die Heimstättedes VfL Wolfsburg hatte in der vergangenen Saison 2018/2019 den besten Pitch der Bundesliga. Auf Platz 2 kam der Rasen in Dortmund, Dritter wurde Mönchengladbach. Das ergab die Bewertung durch eine dreiköpfige Fachjury aus Mitgliedern der Deutschen Rasengesellschaft. 

Hybridrasen bei den Siegern 

Sowohl in Wolfsburg als auch beim Zweitplatzierten Dortmund liegt der Rasen Sporthybrid R des Bielefelder Unternehmens heiler Sportplatzbau. Prokurist André Kastigen ist Greenkeeper Fußball, einer von fünf im Unternehmen. Zum Meisterlehrgang darf nur jemand, der einen gärtnerischen Beruf gelernt hat oder eine mehrjährige einschlägige Berufserfahrung vorweist. Denn beim Verlegen und Pflegen eines Stadionrasens ist viel Fachwissen gefragt. Worin das Geheimnis des besten Rasens liegt, verriet er Sportwetten. 

Bei einer Grätsche bleibt der Rasen stabil 

André Kastigen redet nicht lange um den heißen Brei herum: „Ein Hybridrasen ist das Beste, was man bauen kann. Er ist bei jedem Wetter bespielbar, er ist immer glatt, eben und balltreu. Das macht das Spiel unheimlich schnell“, fasst er die Vorzüge zusammen. Kunststofffasern verstärken die Rasentragschicht wie eine Eisenbewährung im Beton. Das macht den Rasen belastbarer und robuster, bei einer Grätsche bleibt die Oberfläche stabil. Die 20 cm langen Fasern werden gut 18 cm tief in der oberen und unteren Rasentragschicht verankert. 16 Bändchen bilden ein Büschel, 2.500 davon werden pro Quadratmeter gestochen. Das macht insgesamt 57.120 Kilometer Garn pro Spielfeld – ein Anteil von 15 Prozent zur Masse des Naturrasens. Und der wird ganz normal gesät. 

Merkt der Spieler den Unterschied beim Rasen? 

„Wenn Sie es nicht wissen, werden sie die Fasern nicht finden“, legt sich der Bielefelder Greenkeeper in Sportwetten fest. Denn die Kunstfasern blicken nur 1,5 bis 2 cm aus der Oberfläche heraus. Der Naturrasen wird jedoch auf 2,5 cm Länge geschnitten. „Er ist so dicht, dass er das System komplett abdeckt“, erklärt André Kastigen. Durch die Schnitthöhe bleiben die Fasern unversehrt. Damit ist der Rasenschnitt auch komplett kompostierbar. Es entsteht weder Mikroplastik noch Sondermüll. Und wenn nach zehn oder 15 Jahren das System ausgetauscht werden muss, dann ist es zu 100 Prozent trennbar. Die Kunststofffasern sind recyclebar. 

Wie wird der Rasen gepflegt? 

„Ein Stadionrasen wird drei- oder viermal pro Woche gemäht“, beschreibt André Kastigen den Ablauf bei der Rasenpflege. Denn das Grün soll gleichmäßig wachsen und nie länger als 3,5 cm werden. „Wir trainieren den Rasen immer für das nächste Spiel“, sagt Kastigen. Bei optimalen Bedingungen im Sommer kann das Gras pro Tag einen Zentimeter wachsen. Bis zu einer Temperatur von acht Grad Celsius bleibt der Rasen mobil und wächst. Dank der Rasenheizung hängt das Wachstum nicht unbedingt von der gewöhnlichen Außentemperatur ab. Zusätzlich wird die Rasentragschicht mit Nährstoffen versorgt und muss belüftet, vertikutiert, aerifiziert und besandet werden. Einmal im Jahr in der Spielpause wird der Rasen von Grund auf renoviert. 

Das Rasensolarium 

Zusätzlich gibt es in Stadien wie Dortmund künstliche Beleuchtung: das Rasensolarium. „Von 18 Vereinen in der Bundesliga ist das in 14 Stadien im Einsatz“, berichtet der Rasenexperte. Und in vier Stadien liegt Hybridrasen: Wolfsburg, Dortmund, Bremen und Augsburg. Wird es dabei bleiben? „Der Hybridrasen wird sich immer mehr durchsetzen“, ist der Prokurist von heiler Sportplatzbau überzeugt. 

Greenkeeper im Einsatz 

Sein Unternehmen ist auch für das Stadion gleich um die Ecke in Bielefeld zuständig. Früher war die Bielefelder Alm ein gefürchteter Acker, heute liegt hier ein ebenfalls preisgekrönter grüner Teppich. Auf dem spielt Arminia Bielefeld zum Erstaunen ihrer Fans seit einiger Zeit tatsächlich technisch versierten Fußball, natürlich aber mehr der Verdienst des Trainers. Da auch die Trainingsplätze aus Hybridrasen bestehen, ist gleich ein Team von heiler rund um die Uhr mit der Pflege des Rasens betraut. Zwei bis drei Greenkeeper sind gerade im Sommer acht Stunden vor Ort im Einsatz. Zudem sind Greenkeeper des Unternehmens auch in Darmstadt, Mainz und Wehen-Wiesbaden im Einsatz. 

Roboter sind nicht im Einsatz 

Gemäht wird mit Sichel- oder Spindelmähern. Roboter kommen nicht zum Einsatz. „Sie können kein Muster. Außerdem hinterlassen sie den Mulch auf der Spielfläche“, erklärt André Kastigen. Das Muster ist genau vorgegeben, ebenso wie die Schnitthöhe und -qualität.

Wer bestimmt den Pitch of the Year? 

Nach jedem Spiel der Bundesliga und 2. Bundesliga geben die Kapitäne der beiden beteiligten Clubs und der jeweilige Schiedsrichter ihr Urteil über den Zustand des Spielfeldes auf einer Skala zwischen 5 (exzellent) und 1 (sehr schlecht) für den Award ab. Die Addition des Notendurchschnitts pro Spiel ergibt eine Punktetabelle. Hinzu kommt eine Jurybewertung nach Messdaten und der Benotung sowie die Eigenprüfung durch das Stadion-Greenkeeping. Bei einem Treffen der Greenkeeper-Verantwortlichen der höchsten drei deutschen Ligen der DFL in Dortmund erhielten die Gewinner der ersten und zweiten Bundesliga nun durch die Deutsche Rasengesellschaft e. V.  ihren Award zum Pitch of the Year. 

Platz 1: VfL Wolfsburg 

Als die Heimstätte der „Wölfe“ im Jahr 2002 eingeweiht wurde, verfügt sie gleich über eine Rasenheizung. Das Stadion in Wolfsburg ist seit einigen Jahren mit einem Hybridrasen ausgestattet. 30.000 Zuschauer passen in die Arena, die 2002 eröffnet wurde und bei der Jurybewertung die besten Messdaten erhielt. Die Bundesligateam der Frauen spielt in der Arena nebenan, die 5.200 Plätze bietet. 

Platz 2: Borussia Dortmund 

Das Stadion in Dortmund zählt zur Kategorie 4, so dass hier auch Endspiele der Champions League und Europa League stattfinden dürfen. Während im Bundesligaspielbetrieb von Vorjahressieger Borussia Dortmund mehr als 81.300 Zuschauer Platz finden, sind es international etwa 66.000. Die Spielfläche mit Rasenheizung besteht ebenfalls aus Hybridrasen, die Aufwärmzonen für die Ersatzspieler und die weiteren Außenbereiche sind Kunstrasen. Denn durch die hohen Tribünen im größten Stadion Deutschlands dringt relativ wenig Sonnenlicht ins Stadion, so dass es früher häufig Probleme mit dem Naturrasen gab. 

Platz 3: Borussia Mönchengladbach 

Im Ligabetrieb verfügt das Stadion über 54.022 Plätze, bei internationalen Spielen sind es 46.291. Selbstverständlich verfügt auch der Rasen im Borussia Park über eine Heizung und die war bereits bei der Eröffnung des Stadions im Jahr 2004 installiert. Der Rasen stammt von einem Feld in der Nachbarstadt Willich und wurde als Naturrasensode im Stadion verlegt. 

Bester Rasen der zweiten Liga 

In der zweiten Bundesliga siegte der SV Darmstadt 98 mit seiner Arena  am Böllenfalltor. Die Spielstätte der Lilien wurde bereits 1921 eingeweiht. Aktuell befindet sich das Stadion im Umbau. Auf dem zweiten Platz folgt SSV Jahn Regensburg. Das moderne Stadion wurde erst 2015 eingeweiht und hat Naturrasen mit Rasenheizung. Der DSC Arminia Bielefeld mit seiner altehrwürdigen Alm und dem Hybridrasen liegt beim Bewertungssystem Sport für den Award auf Rang drei. 

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Jochen Buettner

Jochen Buettner

Sportjournalist, der sich auf grünem Rasen, weißen Pisten, zwei Rädern, in nassen Fluten sowie im Stadion und bei Olympischen Spielen wohlfühlt.

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Sportjournalist, der sich auf grünem Rasen, weißen Pisten, zwei Rädern, in nassen Fluten sowie im Stadion und bei Olympischen Spielen wohlfühlt.